Medikamentöse Strategien bei CED

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Die Therapie von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) stellt in der klinischen Praxis durch die Komplexität der Pathomechanismen und Begleiterkrankungen eine erhebliche Herausforderung dar. Doch die Therapieansätze haben sich in den letzten Jahren rasant weiterentwickelt. Ein Weg zu einer besseren Behandlung könnte in der Präzisionsmedizin und dem gezielten Einsatz von Biologika und Small Molecules liegen, um die Therapie individuell auf die Bedürfnisse der PatientInnen anzupassen. Aber welche Möglichkeiten gibt es schon und wo könnte die Reise hingehen?

Biologika und Small Molecules: Welche gibt es für CED und wie wirken sie?

Dank einer intensiven Forschung steht für die Behandlung von CED eine Bandbreite an zugelassenen Therapieansätzen bereit. Grundsätzlich wird hierbei zwischen systemisch und selektiv wirkenden Therapieansätzen unterschieden. Zu den systemisch wirkenden gehören beispielsweise die bereits bewährten Anti-TNFα-Inhibitoren, die lösliches und transmembranständiges TNFα (Tumornekrosefaktor-alpha, ein Zytokin) binden und dessen inflammatorische Wirkung hemmen. Allerdings sind Resistenzbildungen möglich, die zu einem Therapieversagen führen können. Ein spezieller „Escape-Mechanismus“, der zu einem solchen Therapieversagen von Anti-TNFα führt, wird über das Interleukin-23 (IL-23) vermittelt.1,2

Neuere systemisch wirkende Therapien setzen daher auf eine Blockade der IL-23-/IL-12-Signaltransduktion über spezifische IL-23-/IL-12-Hemmer. Dabei wird die Bindung von IL-23 und IL-12 an die spezifischen Rezeptoren IL-23R und IL-12R verhindert, ebenso wie eine erhöhte Zytokinproduktion und die daraus folgenden inflammatorischen Prozesse.3 JAK-Inhibitoren (JAKi) stellen einen weiteren vielversprechenden, systemisch wirkenden Therapieansatz dar. Dabei wirken die „Small Molecules“ gegen eine der drei Januskinasen (JAK 1-3) oder Tyrosinkinase-2, um die Signaltransduktion Downstream von IL-23 oder der IL-12-Familie zu blockieren und eine erhöhte Zytokinausschüttung zu verhindern.3,4 Auch die Blockade des Leukozytenausstroms aus den Lymphknoten durch Sphingosin-1-Phosphat (S1P)-Rezeptormodulatoren gehört zu den neueren Therapieansätzen. Diese Small Molecules bewirken, dass die über die Leukozytenmobilisierung bedingten entzündungsfördernden Prozesse bei CED bereits am Lymphknoten unterbunden werden.5,6

Ein selektiv im Gastrointestinaltrakt wirkender Therapieansatz ist die Hemmung der Lymphozytenmigration in den Darm über α4β7-Integrin-Hemmer. Die spezifische Bindung von Antikörpern an das α4β7-Integrin hemmt die Funktion des MAdCAM-1 (Mucosal Addressin Cell Adhesion Molecule 1) auf den Darmendothelzellen; dies blockiert wiederum die Einwanderung von T-Lymphozyten in den Magen-Darm-Trakt. Durch die lokale Reduktion der T-Lymphozyten im Gastrointestinaltrakt werden gleichzeitig die entzündungsfördernden Prozesse gehemmt.7-9

Zwar schaffen die aktuell zugelassenen Therapieansätze bereits Möglichkeiten in der Behandlung von CED, jedoch ist für eine individualisierte und personalisierte Medizin die Entwicklung von weiteren Therapieansätzen, die unterschiedliche Pathomechanismen adressieren, nötig. Für eine individualisierte Versorgung könnte eine Kombinationstherapie, also die Kombination von vorhandenen Therapieansätzen, eine Lösung darstellen.

Führen Immunsuppressiva bei der CED-Therapie zu Covid-19-Impfversagen?

Bei schweren Verläufen oder einer Unverträglichkeit gegen herkömmliche Therapien sind CED-PatientInnen auf Immunsuppressiva wie TNFα-Inhibitoren, hoch dosierte Steroide oder Immunmodulatoren angewiesen. Allerdings besteht bei einer andauernden immunsuppressiven Therapie auch ein erhöhtes Risiko für eine Sars-CoV-2-Infektion. Daher wird in diesem Fall eine frühzeitige Impfung mit einem Totimpfstoff empfohlen. Auf Grund der jeweiligen immunsuppressiven Therapie können die Antikörperbildung sowie die Serokonversion in Form von Antikörperkonzentrationen nach der Impfung variieren (Serokonversion bezeichnet das erstmalige Auftreten von erregerspezifischen Antikörpern nach einer Infektion oder Schutzimpfung und ist die Folge der Immunantwort).10,11 So weist eine Studie darauf hin, dass PatientInnen nach Erstimpfung und ohne vorherige Sars-CoV-2-Infektion unter TNFα-Inhibitoren eine geringere Serokonversionsrate und damit einen geringeren Schutz gegen eine Infektion aufwiesen als PatientInnen, die mit α4β7-Integrin-Hemmern behandelt wurden. Bisherige Daten zeigen jedoch, dass mit der ersten bzw. der zweiten Auffrischungsimpfung bei den mit Immunsuppressiva behandelten PatientInnen ein optimaler Impfschutz realisiert werden kann.12

Von der International Organization for the Study of Inflammatory Bowel Disease (IOIBD) hervorgehobene Statements mit Bezug auf Impfungen gegen SARS-CoV-2 bei PatientInnen mit CED (chronisch entzündlichen Darmerkrankungen):13

  • PatientInnen mit CED sollten gegen SARS-CoV-2 geimpft werden.
  • Der beste Zeitpunkt für eine SARS-CoV-2-Impfung bei PatientInnen mit CED ist der frühestmögliche Zeitpunkt.
  • SARS-CoV-2-Impfstoffe, einschließlich mRNA-Impfstoffe, replikationsinkompetente Vektorimpfstoffe, inaktivierte Impfstoffe und rekombinante Impfstoffe, können PatientInnen mit CED sicher verabreicht werden.
  • Die SARS-CoV-2-Impfung sollte nicht verschoben werden, da ein/e PatientIn mit CED immunmodifizierende Therapien erhält.
  • PatientInnen mit CED, die mit SARS-CoV-2 geimpft wurden, sollten darauf hingewiesen werden, dass die Wirksamkeit des Impfstoffs verringert sein kann, wenn sie systemische Kortikosteroide erhalten.

Kombinationstherapien bei CED

Auf Grund der komplexen und heterogenen Pathogenese von CED existiert bisher kein Therapieansatz, der alle Pathomechanismen der CED adressiert. Da diese von PatientIn zu PatientIn stark variieren, unterscheiden sich auch die Anforderungen an die Therapien voneinander. Daher sollte eine optimale Therapie mehr als einen Pathomechanismus adressieren, um Escape-Mechanismen und Therapieversagen zu verhindern oder zumindest zu reduzieren.

Eine Kombinationstherapie könnte eine Lösung dieses Problems darstellen. Da bisher jedoch nicht ausreichend Daten aus entsprechend designten Studien vorliegen, wird aktuell nur eine Kombination aus TNFα-Hemmern mit Immunmodulatoren (Thiopurinen) in der Behandlung von anti-TNFα-naiven PatientInnen empfohlen.14 In einer klinischen Studie zeigte sich, dass durch diese Kombination eine Resistenzbildung gegenüber TNFα-Inhibitoren reduziert und die Wahrscheinlichkeit für ein Therapieversagen verringert werden kann.15 Auch wenn zu Kombinationstherapien aus Biologika mit Biologika oder Biologika mit Small Molecules bisher keine Daten vorliegen, könnten diese ein vielversprechender Ansatz sein, um je nach Kombination mehrere Pathomechanismen zu adressieren. Dadurch könnte personalisierter und umfassender gegen CED vorgegangen werden.16

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Fazit

CED präsentieren sich in der Praxis oft komplex und individuell je nach PatientIn. Bisherige Zielmechanismen, beispielsweise TNFα-Blocker, wirken meist systemisch und beeinflussen vor allem das Überleben von Lymphozyten im entzündeten Darm. Neue, vielversprechende Therapieansätze umfassen weitere Zytokin-Blocker (IL-12/IL-23, JAK-Inhibitoren), die Hemmung der Lymphozyten-Migration aus den Lymphknoten durch Sphingosin-1-Phosphat(S1P)-Rezeptormodulatoren und selektiv wirkende Ansätze wie die spezifische Blockade des Homings von Lymphozyten in den Darm durch α4β7-Integrin-Hemmer. Die Erforschung und der Ausbau weiterer Therapieansätze werden rasant vorangetrieben. Vorerst bleibt das Ziel der Präzisionsmedizin jedoch eine klinische Herausforderung. Für deren Bewältigung könnte eine Kombination aus bestehenden Therapieansätzen – wie Biologika untereinander oder mit anderen Wirkstoffklassen wie Small Molecules – sehr relevant sein.

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Quellen
  1. Schmitt H et al. Gut 2019; 68(5): 814–828.

  2. Neurath. Selektive vs. systemische Wirksamkeit: Therapie der Krankheitsursachen – wie nah kommen wir? 26.10.2021: https://cme.medlearning.de/takeda/ced_selektive_systemische_wirksamkeit…; letzter Aufruf: 22.08.2022

  3. Moschen AR et al. Nat Rev Gastro Hep 2019; 16(3): 185–196.

  4. O´Shea JJ et al. Annals Rheum Dis 2013; 72 Suppl 2(0 2): ii111–5.

  5. Dal Buono A et al. Biomedicines 2022; 10(7): 1735.

  6. Olivera P et al. Gut 2017; 66(2): 199–209.

  7. Feagan BG et al. N Engl J Med 2013; 369(8): 699–710.

  8. Sandborn WJ et al. N Engl J Med 2013; 369(8): 711–721.

  9. Sands BE Gastroenterology 2014; 147(3): 618–627.

  10. Khan N und Mahmud N. Gastroenterology 2021; 161(3):827–836.

  11. IBD Passport: https://www.ibdpassport.com/de/coronavirus; letzter Aufruf: 19.06.2022.

  12. Kennedy NA et al. Gut 2021;70(10): 1884–1893.

  13. Klose G. Gastro-News 2021; 08(4): 11–13.

  14. Sturm A et al. Aktualisierte S3-Leitlinie. Konsultationsfassung August 2021 – AWMF-Registernummer: 021–004.

  15. Targownik LE et al. JCC 2020; 14(10): 1354–1363.

  16. Stalgis C et al. Gastroenterology 2021; 161(2): 394–399.

EXA/DE/ENTY/0781

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